Im Namen vom Verein «Senioren für Senioren Sargans» begrüsste Werner Wüst an die gegen 100 anwesenden Vereinsmitglieder und hiess sie herzlich willkommen. Speziell begrüsste er Martin Hutter, Präsident der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Sarganserland als äusserst kompetenter Referent des Vortrages.
Zum Einstieg in das Referat zur eigenen Vorsorge für den Ernstfall zeigte Martin Hutter anhand eines Fallbeispiels auf, dass es sehr wichtig ist, sich frühzeitig mit der eigenen Endlichkeit zu befassen. Mit den wichtigen Instrumenten „Patientenverfügung“ und „Vorsorgeauftrag“ kann selbstbestimmt vorgesorgt werden für den Fall einer UrteilsUNfähigkeit zufolge einer schweren Krankheit oder eines Unfalles. Der Referent ging auf alle wichtigen Aspekte des Erwachsenschutzrechtes und der Vorsorgemöglichkeiten ein. Nachfolgend nur einige wichtige Punkte in aller Kürze:
Das Vertretungsrecht durch Ehegatten/Partner
Wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine Patientenverfügung besteht, hat der Ehegatte oder die Ehegattin sowie der eingetragene Partner oder die eingetragene Partnerin ein Vertretungsrecht. Dies unter der Voraussetzung, dass sie mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig beisteht. Das Vertretungsrecht umfasst die Handlungen, die zur Deckung des Unterhalts notwendig sind und die für den Alltag notwendige Verwaltung von Einkommen und Vermögen. Das Vertretungsrecht beinhaltet auch, nötigenfalls die Post zu öffnen und zu erledigen.
Die Vertretung bei medizinischen Massnahmen
Wenn beim Patienten eine Urteilsunfähigkeit vorliegt entscheidet an erster Stelle die in der Patientenverfügung bezeichnete Person. Falls aber keine Patientenverfügung vorliegt, legt das Gesetz eine Reihenfolge von Personen fest, die für den Urteilsunfähigen entscheiden.
Dann ist in erster Linie ist der Ehegatte oder der eingetragene Partner verfügungsberechtigt, wenn er einen gemeinsamen Haushalt führt oder regelmässig persönlichen Beistand leistet. Der Partner oder die Partnerin kann demnach in der Regel auch ohne Patientenverfügung über die medizinischen Massnahmen entscheiden. Es ist aber hilfreich, wenn vorher klar festgelegt wurde, welche Massnahmen gewünscht werden.
In zweiter Linie werden die Kinder, dann die Eltern oder danach die Geschwister gefragt.
Fehlen solche Bezugspersonen, entscheidet ein von den Behörden ernannter Beistand über medizinische Massnahmen für die urteilsunfähige Person.
Wichtige Punkte des Vorsorgeauftrages
Mit einem Vorsorgeauftrag schafft der Auftraggeber Klarheit darüber, wer für ihn einspringt, wer ihn in persönlichen und finanziellen Angelegenheiten vertreten soll, wenn er dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Darin können eine oder mehrere Personen bevollmächtigt werden, (am besten jemand aus dem persönlichen Umfeld, mit dem man die Wünsche und Vorstellungen vorher genau bespricht), die stellvertretend für ihn entscheiden.
Der Vorsorgeauftrag tritt erst in Kraft, wenn er aufgrund einer schweren Krankheit, eines Unfalls oder fortgeschrittenen Alters (Demenz oder Alzheimer) urteilsunfähig ist.
Im Vorsorgeauftrag können die folgenden Bereiche geregelt werden:
Personensorge: Alles, was mit der Persönlichkeit zusammenhängt, z.B. Wohnen, Öffnen der Post. Vertretung bei medizinischen Belangen, (wenn auch eine Patientenverfügung gemacht wird, ist es sinnvoll dort die gleiche Person zu bevollmächtigen).
Vermögenssorge: Die Vertretungsperson hat das Vermögen sachgerecht zu verwalten. Sie bezahlt Rechnungen, damit die Lebenskosten gedeckt werden und verkehrt mit den Banken.
Vertretung im Rechtsverkehr: Rechtliche Vertretung gegenüber Banken, Behörden, Gerichten und Privaten.
Allgemein gilt: Je konkreter und ausführlicher der Vorsorgeauftrag verfasst ist, umso besser die Absicherung.
Voraussetzung für die Errichtung eines Vorsorgeauftrages ist Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit. Er muss von Anfang bis Ende handschriftlich verfasst und mit Datum und Unterschrift versehen oder öffentlich beurkundet werden. Hinterlegt werden kann der Vorsorgeauftrag beim Amtsnotariat St. Gallen, Davidstrasse 27, 9001 St. Gallen. Zudem soll das Vorhandensein eines Vorsorgeauftrages und der Hinterlegungsort beim Zivilstandsamt eingetragen lassen werden.
Die Patientenverfügung
Darin bestimmt eine urteilsfähige Person im Voraus, was geschehen soll, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage ist, ihre Wünsche zu äussern – zum Beispiel, wenn sie nach einem schweren Unfall im Koma liegt, einen Hirnschlag erlitten hat oder vor lauter Schmerzen unfähig ist, einen klaren Gedanken zu fassen.
Die Patientenverfügung erleichtert Angehörigen und Ärzten, schwierige Entscheide in schwierigen Zeiten zu treffen. Die Angehörigen werden entlastet, weil sie nicht hin und her überlegen müssen: Was hätte sie wohl gewollt? Und das ärztliche Personal fühlt sich sicherer in der Betreuung, weil es weiss, dass sie den tatsächlichen Wünschen des Patienten entspricht.
Für das Errichten einer Patientenverfügung könnten sich folgende Fragen stellen:
Was ist mir in der letzten Phase meines Lebens besonders wichtig?
In welchen Situationen wünsche ich keine lebensverlängernden Massnahmen mehr?
Welche Massnahmen zur Linderung von Schmerzen, Atemnot und anderen Symptomen wünsche ich?
Soll ich eine künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr erhalten?
Möchte ich wiederbelebt werden?
In der Patientenverfügung sollen die gewünschten medizinischen Massnahmen möglichst präzise und nachvollziehbar formuliert festgehalten werden. Und sie soll an einem gut auffindbaren Ort deponiert sein, damit sie die gewünschte Wirkung entfalten kann, sobald die eigene Urteilunfähigkeit eintritt.
Die vertretungsberechtigte Person soll über die Anordnungen und Wünsche frühzeitig und umfassend informiert und mit einer Kopie der Patientenverfügung ausgestattet werden. Es empfiehlt sich, speziell auch dem Hausarzt und Vertrauenspersonen aus dem persönlichen Umfeld eine Kopie auszuhändigen.
Nach Beantwortung der noch offenen Fragen aus dem Publikum wurde der sehr kompetente und äußerst interessante Vortrag von Martin Hutter mit großem Applaus verdankt. Es war ihm wirklich sehr gut gelungen die anwesenden Seniorinnen und Senioren über alle wichtigen Aspekte der Vorsorge umfassend zu informieren.
Gerne hoffen wir, dass sich nun viele Seniorinnen und Senioren daran machen, den eigenen Willen auszudrücken und vom Recht auf Selbstbestimmung im Hinblick auf mögliche schwierige Lebensphasen Gebrauch machen.
Hier können Sie ein Handout der Präsentation von Martin Hutter herunterladen; Es gibt zwei Versionen (mit identischem Inhalt). Die erste Version mit 2 Folien je Seite hier klicken–> 2023 01 19 Seniorenforum Handout 2 Folien (besser lesbar, dafür mehr Papier), die zweite Version mit 6 Folien je Seite hier klicken
–> 2023 01 19 Seniorenforum Handout 6 Folien.
Im Anschluss an den Vortrag und Diskussion waren die Teilnehmer zu einem vom Verein „Senioren für Senioren“ offerierten Kaffee mit Gebäck eingeladen. Beim gemütlichen Zusammensein bot sich noch Gelegenheit sich über das Gehörte auszutauschen.
P.S.: Ein beliebtes Vorsorge-Dossier mit Mustern für „Patientenverfügung“ und „Vorsorgeauftrag“ ist im DOCUPASS von Pro Senectute enthalten.
Es gibt auch verschiedene andere Anbieter von Vorsorgelösungen für den Ernstfall wie Krebsliga, KESB, FMH, Curaviva, etc.