Beziehungen «eher besser» geworden
An einem öffentlichen Anlass des Vereins Senioren für Senioren Sargans hat im BZSL in Sargans Francois Höpflinger über die vielschichtigen Aspekte der Generationen-beziehungen gesprochen, die sich gemäss seinen Ausführungen als besser als ihr Ruf erweisen.
Ein prominenter und unterhaltsamer Referent: Francois Höpflinger
Der Vortrag stiess auf grosses Interesse, gibt es doch kaum jemanden – in welchem Alter auch immer – der nicht auf diese oder andere Weise im familiären Umfeld von dieser Thematik betroffen ist. Das verdeutlichte auch die einleitende Aussage des Referenten: «Es gibt kein menschliches Leben ausserhalb von Generationen-beziehungen, und jede Gesellschaft sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Existenz über die beschränkte Lebenszeit einzelner Menschen hinaus zu sichern.» Weil der Begriff «Generationen» mehrdeutig sei, würden in öffentlichen und politischen Diskussionen unterschiedliche Generationenkonzepte verwendet.
Höpflinger beleuchtete die Situation in der Schweiz. Je nach gesellschaftlichen Strukturen und Traditionen, Religion und Wohlstand herrschten in manchen Ländern andere Zustände.
Blick von oben und von unten
Um ein erfreuliches Fazit gleich vorwegzunehmen: «Von einem Zerfall familialer Generationensolidarität kann – allen Unkenrufen zum Trotz – keine Rede sein», stellte der Referent mit Überzeugung fest. Und dies nicht aus dem Bauchgefühl heraus, sondern aufgrund intensiver Forschung mit vielen Befragungen und auch aus der eigenen familiären Erfahrung. Im Blick von oben, also von Alt zu Jung, werden junge Menschen als Zukunft der Familie/ Gesellschaft wahrgenommen.
Man wird sich bewusst, dass die eigene Kindheit völlig anders war als heute. Sehr hilfreich ist das Lernen von Jungen, um das Heute zu verstehen. Für die Jungen sind die Alten Teil der Vergangenheit und der Tradition sowie «Schatten der eigenen Zukunft». Daraus können eigene Altersprojektionen entstehen. Insgesamt stellt Höpflinger fest, «dass sich familiäre Generationenbeziehungen (Eltern-Kinder; Grosseltern-Enkelkinder) eher verbessert als verschlechtert haben». Dazu trage auch eine längere gesunde Lebenserwartung bei. Eine interessante Feststellung:
Je weiter die Generationen
altersmässig auseinanderliegen,
umso besser verstehen sie sich.
Die Zeiten, wo man bis in die Fünfzigerjahre vor allem in grösseren Städten Altersheime mit vielsagenden Bezeichnungen wie «Waldfrieden» etc. um der totalen Ruhe der Alten willen irgendwo in die Umgebung auslagerte, sind längst vorbei.
In der Zwischenzeit entstanden Altersheime auch in den Ortskernen – aber immer noch ein bisschen als Altersghetto.
Generationenhäuser im Trend
«In neuerer Zeit», so der Referent «sind Generationenhäuser oder Generationensiedlungen im Trend». Als vorbildliches Beispiel nannte er das Generationenhaus Novellas in Vilters. Wohngemeinschaften ungefähr Gleichaltriger hingegen seien nicht mehr «in». In der Alterskategorie der 60- bis 70-Jährigen gebe es untereinander mehr Reibungen und Probleme des Zusammenlebens als beispielsweise zwischen Enkeln und Grosseltern. «Spannungsdimensionen gibt es bei der Pflege alter Menschen durch erwachsene «Kinder». Ungelöste Eltern- Kind-Probleme können die Pflegesituation belasten. Betroffen vom Alter der eigenen Eltern kommen Ansprüche an Pflegeangebote häufig nicht von den alten Eltern selber, sondern von Nachkommen, die Sachen verlangen, welche die Betroffenen gar nicht wollten.
«Engagement ohne Einmischung»
Es sei oft nicht einfach, so der Referent, sich bei der Betreuung und Pflege älterer Menschen zu engagieren, ohne sich in deren rein persönliche Angelegenheiten einzumischen: «Die Intimität und Autonomie der Betreuten muss respektiert und beachtet werden.»
In seinem sehr anschaulichen, kurzweiligen und mit Humor durchzogenen Referat hat Francois Höpflinger noch viele andere Aspekte der Generationenbeziehungen aufscheinen lassen.
Bruno Tanner, Präsident des Vereins Senioren für Senioren, nutzte nach dem Vortrag die Gelegenheit für einen Werbespot in eigener und zum Thema bestens passender Sache: Gesucht werden rüstige Seniorinnen und Senioren, die vor allem im Bereich Haus- und Gartenarbeit Einsätze leisten würden. Denn es wäre schade, wenn Hilfegesuchen älterer Menschen nicht mehr entsprochen werden könnte.
Dann war die Bahn frei für weitere Diskussionen beim Apéro, der dank Beiträgen der Gemeinden Sargans und Mels offeriert werden konnte.
Kompetenter Referent
Prof. em. Dr. François Höpflinger, Mitglied der akademischen Leitung des Zentrums für Gerontologie der Universität Zürich, beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit diesem Thema. In zahlreichen Studien, Vorträgen und Veröffentlichungen hat er die Ergebnisse seiner Forschungen publiziert.