Rund 40 interessierte Teilnehmer/innen waren zum Vortrag „Das unglückliche Kleeblatt: Muskelschwund, Mangelernährung, Gebrechlichkeit und Stürze im Alter“ erschienen. Als ausgewiesene Kennerin dieser Materie konnte die Referentin Frau Dr. med. Birgit Schwenk, Chefärztin und Departements Leiterin der Akutgeriatrie an den Spitälern Altstätten und Walenstadt begrüßt werden.
Natürlich wird ein vierblättriges Kleeblatt für uns alle normalerweise mit Glück assoziiert. Bei diesem Vortragsthema handelt es sich um ein unglückliches Kleeblatt, zumal die Mangelernährung, der Muskelschwund und die Gebrechlichkeit die eigentlichen Ursachen für Stürze sind.
Stürze im Alter
Jede dritte Frau und jeder vierte Mann über 75 Jahre erleidet pro Jahr mindestens einen Sturz. Davon haben 5 % der Stürze einen Knochenbruch zur Folge und jede fünfte Fraktur betrifft den Ober-Schenkelhals. Viele Stürze führen zu Verletzungen, gefürchtet sind vor allem Schenkelhalsfrakturen oder Hirnblutungen. Stürze im Alter sind häufig und stellen für die Betroffenen und Angehörigen oft ein einschneidendes Ereignis dar. Schlimm sind vor allem Stürze von alleinstehenden Senioren/innen, sie können sich dann oftmals nicht mehr aufrichten, bleiben liegen bis irgendwann eine Hilfe kommt, sie erleiden dadurch ein Liegetrauma, haben nach dem Sturz Angst vor weiteren Stürzen. Im schlimmsten Falle führen solche Vorfälle gar zum Verlust der Selbständigkeit und großer Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Neben den altersbedingten Sturzursachen wie Einschränkungen des Sehens, Abnahme des Gehörs, verlängerte Reaktionszeit, Muskelschwund, Mangelernährung, Gebrechlichkeit etc. gelten auch verschiedene krankheitsbedingte Sturzursachen und Gefahren in der Wohnung oder im Freien als Risikofaktoren. Häufig sind auch mehrere Faktoren gleichzeitig für einen Sturz verantwortlich.
Muskelschwund
Mit zunehmendem Alter verändert sich der ganze Körper. Dabei nimmt auch die Muskel-masse bereits schon ab dem 50-igsten Altersjahr jährlich um 1-2 % ab und die Muskelkraft reduziert sich gar um bis zu 3 % pro Jahr.
Bei 80-jährigen Menschen beträgt der Verlust der Muskelmasse gar 30-40 %. Dabei kann die Verminderung der Kraft in den Beinen, ohne gezieltes Training, gar bis zu 60 % ausmachen. Sowohl Muskelkraft und Leistung der älteren Menschen nehmen ab. Bis zu 50 % der über 80-Jährigen sind von dieser starken Abnahme der Muskulatur betroffen. Dadurch wird auch die Beweglichkeit eingeschränkt.
Dazu kommt, dass auch die Knochensubstanz durch Osteoporose beeinträchtigt werden kann und in der Folge brüchiger wird. All dies kann im schlimmeren Falle bis zu Bettlägerigkeit führen.
Die hauptsächlichsten Gründe für den Muskelschwund sind neben dem Alter, ein Mangel an Bewegung, reduzierte körperliche Aktivitäten und Mangelernährung. Bei alten Menschen die sich nicht bewegen, findet der Muskelabbau sogar beschleunigt statt. So verliert ein 80-Jähriger während 10 Tagen Bettruhe 5x so viel Muskelmasse wie ein junger Erwachsener in 28 Tagen. Vor diesem Hintergrund sind Spitalaufenthalte oder längere Bettlägerigkeit wegen Krankheit pures Gift für Muskeln, Kraft und Mobilität.
Die Folgen von solchem Muskelschwund münden in eine weitere Einschränkung der Beweglichkeit und der körperlichen Aktivitäten, in mangelnde Belastbarkeit, Einschränkung der Lebensqualität und nochmals erhöhter Sturzgefahr und letztlich in erhöhte Sterblichkeit.
Mangelernährung
Bei einer Mangelernährung (Malnutrition) wird der Körper mit zu wenig Energie, Eiweiß oder anderen Nährstoffen (wie Vitaminen und Mineralstoffen) versorgt.
Viele ältere und hochbetagte Menschen leiden unter einer quantitativen Mangelernährung, was bedeutet, dass dem Körper über die Nahrung nicht mehr genügend Kalorien zugeführt werden, wodurch es zu einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen, Gewichtsverlust, Schwäche und Infektionsanfälligkeit kommen kann.
Weitaus weniger sichtbar ist die qualitative Mangelernährung (Fehlernährung) bei älteren Menschen: Man isst einfach das Falsche. Es werden wichtige Vitalstoffe wie Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente nur in unzureichender Menge aufgenommen. In der Folge lassen die Körperfunktionen auf kognitiv-geistiger, psychischer wie auch motorischer Ebene nach. Dabei stehen oftmals zu viele zuckerhaltige Lebensmittel, Weizenprodukte und Fleisch statt wertvoller Tier- und Pflanzeneiweiße, Vollkornbrot, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse auf dem täglichen Speiseplan.
Bis zu 83 % der älteren Menschen in den Spitälern und Pflegeheimen und bis zu 31 % der noch zu Hause lebenden Betagten leiden unter Mangelernährung. Und 80 % der mit einer Oberschenkelhalsfraktur eingelieferten Patienten weisen beim Eintritt ins Spital Anzeichen einer Malnutrition auf. Durch geringere körperliche Aktivität und die abnehmende Knochen- und Muskelmasse haben ältere Menschen einen geringeren Energiebedarf als zuvor. Ihr Nährstoffbedarf jedoch bleibt gleich.
Die häufigsten Ursachen von Mangelernährung im Alter sind:
die eingeschränkte Beweglichkeit und ein geringer Energieumsatz, das Nachlassen von Appetit und Durstgefühl, eine Verminderung des Geschmacks- und Geruchssinns, ein langes Sättigungsempfinden, bestehende Krankheiten und der Einfluss von Medikamenten.
Hinzu kommt der persönliche Lebenszusammenhang des älteren bzw. hochbetagten Menschen. Das Risiko für Mangelernährung ist besonders erhöht, wenn der Lebenspartner verstirbt und die Motivation bei der Auswahl und Zubereitung des Essens nachlässt. Einseitige oder unregelmäßige Nahrungsaufnahme sind die Folge. Auch Depressionen und Einsamkeit führen zu Appetitlosigkeit.
Folgen der Mangelernährung
Mangelernährte Senioren haben nicht nur ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko, sie weisen auch einen allgemein schlechteren Gesundheitszustand auf: Ihre Muskelmasse baut ab (Muskelschwund) und sie sind im Alltagsleben mit wachsenden Einschränkungen konfrontiert. Der Mangel an Proteinen und Mikronährstoffen schwächt auch das Immunsystem, verzögert die Wundheilung, die Reaktionsfähigkeit und erhöht das Risiko für Infektanfälligkeit, Schwindel, Stürze und Brüche.
Gebrechlichkeit (Verletzlichkeit)
Ältere Menschen sind in einem sehr labilen Gleichgewicht. Schon kleinere innere oder äußere Einflüsse z.B. mal an einem Tag zu wenig trinken, oder bei einer Hospitalisierung die Schlaftabletten zu Hause vergessen, oder eine banale Blasenentzündung, oder der Umzug in eine andere Wohnung, können sie aus dem Gleichgewicht bringen. Die körperlichen und psychischen Ressourcen bei älteren Menschen sind eingeschränkt und sie haben auch eine verminderte Widerstandsfähigkeit Krisen und Stress zu bewältigen.
Anzeichen und Merkmale von Gebrechlichkeit sind u.a. Gewichtsverlust, Müdigkeit, Erschöpfung, Schwäche, verminderte physische Aktivität und Verlangsamung. Die Gebrechlichkeit beeinträchtigt die Selbständigkeit, erhöht das Risiko für Stürze und Knochenbrüche, verlängert eine allfällige Hospitalisation u.a.m.
Wie werden wir gesund alt?
Wir bekommen die Langlebigkeit heute fast geschenkt!
ABER … Wir müssen uns die Lebensqualität im hohen Alter erarbeiten!
Wer seine Gesundheit und Lebensqualität lange bewahren will, sollte vorbeugend schon in jungen Jahren auf eine bewusste Lebensweise achten. Ob und wie man gesund altert, hängt allerdings von einer Reihe von Faktoren ab. So wirken sich regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene, sowie psychische und soziale Faktoren wie etwa soziale Kontakte und eine positive Lebenseinstellung günstig auf den Alterungsprozess aus.
Ernährung ab 65 Jahre
Eine ausgewogene, abwechslungsreiche und bedarfsgerechte Ernährung ist für die Erhaltung der Gesundheit wichtig. Jeder in diesem Alter sollte 500-1000mg Calcium und Vitamin D 800 IU zu sich nehmen. Wichtig ist es auch täglich genügend zu trinken; mindestens 1,5 Liter Wasser, Kräuter- oder Früchtetee. Die Ernährung sollte Eiweißreich sein. Genügend Gemüse, Früchte, Obst, Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Olivenöl, Kräuter, Nüsse, komplexe Kohlenhydrate wie Kartoffeln, Reis, Nudeln, Brot und Milchprodukte sowie zwei Mal pro Woche Fleisch und Fisch beinhalten.
Um die Muskelkraft zu erhöhen und zu erhalten ist eiweißreiche Ernährung besonders wichtig. So sollte ein 75 kg schwerer Senior täglich 90 Gramm Eiweiß (Protein) zu sich nehmen. 90 Gramm Eiweiß sind beispielsweise je in 13 Eiern oder 375g rotem Fleisch oder 300g Käse oder 2,5 Liter Milch oder 500g Lachs enthalten. Hilfreich sind auch Eiweiß angereicherte Nahrungsmittel, wie Protein Drinks.
Jungbrunnen Bewegung
Körperlich aktiv und mobil bleiben heißt die Devise. Denn wer sich regelmäßig bewegt und vor allem lebenslang körperlich aktiv bleibt, erhält seine Fitness und Leistungsfähigkeit. Gezieltes Ausdauer- oder Krafttraining, aber auch das Nutzen von alltäglichen Bewegungschancen wie Treppen steigen oder zu Fuß gehen ist ideal, um sich fit und aktiv zu halten. Jede Art von Bewegung tut Körper und Seele gut. Schon eine halbe Stunde Bewegung mindestens 3 Mal wöchentlich reichen aus, um seiner Gesundheit Gutes zu tun. Gartenarbeit, Tanzen oder andere gezielte Übungen sind hilfreich und wirken sogar gegen Demenz.
Nach Beantwortung der noch offenen Fragen aus dem Publikum wurde der sehr professionelle, kompetente und äußerst interessante Vortrag von Frau Dr. med. Birgit Schwenk mit großem Applaus verdankt. Es war ihr wirklich gelungen die anwesenden Seniorinnen und Senioren über dieses wichtige Thema umfassend zu informieren und ihnen aufzuzeigen, wie man durch gezieltes Training und durch eine sinnvolle Ernährung und weitere Maßnahmen fit und kräftig bleibt im Alter und wie man Stürzen und ihren Folgen vorbeugen kann. Nach Vortrag und Diskussion waren die Teilnehmer noch zum vom Verein „Senioren für Senioren“ offerierten Kaffee und etwas Süßem eingeladen. Beim gemütlichen Zusammensein bot sich noch Gelegenheit sich über das Gehörte auszutauschen.